Der aufmerksame Leser weiss es, bei “Erinnerungen ans Espenmoos” stiess ich auf einen Georg Hautle – dessen Vater Karl einst beim FC Kreuzlingen spielte (Foto in der Mitte mit Hut). Hier das Resultat meiner anschliessenden Recherche.
Karl Hautle erblickte am 27. Mai 1913 das Licht der Welt und wuchs unweit des St. Galler Espenmooses auf. Bereits früh interessierte er sich für den aufkommenden Ballsport und schloss sich in seiner Zeit als KV-Lehrling dem FC St. Gallen an. Sein fussballerisches Talent wurde schnell entdeckt und so bekam er 1931, im Alter von 18 Jahren, ein Vertragsangebot – vom FC Kreuzlingen. In der Grenzstadt fand er einerseits über den FC Kreuzlingen eine Anstellung in der Seifenfabrik Schuler (FCK-Sportchef Hans Truninger war dortiger Prokurist) und konnte gleichzeitig seiner dazumal wohl grössten Leidenschaft, dem Fussballspiel nachgehen. Das untenstehende Foto zeigt ihn als zweiten von links an der Konstanzerstrasse, im Hintergrund die Seifenfabrik.
Fussball und Arbeit, dies lockte zahlreiche weitere talentierte Spieler zum FC Kreuzlingen und zur Seifenfabrik. Die Erfolge auf dem Fussballplatz nahmen ihren Lauf. 1933 wurden die Grenzstädter Ostschweizer 2.-Liga-Meister und stiegen in die zweithöchste Spielklasse des Landes auf, die 1. Liga Ost. An der Seite von Smith und Sweeney (beide aus der zweithöchsten englischen Profi-Klasse), Pennig (davor und danach Waldhof Mannheim), Colongo (später Servette) und Maire (später FCZ) wurde Karl Hautle schnell zum offensiven Stammspieler (im Bild am Boden liegend).
In den Spielberichten wird er kaum erwähnt, obwohl er fast immer auf dem Platz stand. Karl Hautle schien ein unauffälliger, solider Spieler gewesen zu sein.
Am 12. Juni 1933 kommt es zum Bruderduell. Karl Hautle trifft in der 1. Liga Ost mit den damals favorisierten Kreuzlingern auf den FC St. Gallen mit seinem ein Jahr älteren Bruder Josef Hautle. Im Grenzland-Stadion endet das Spiel vor 2’300 Zuschauern mit 2:2. Im Rückspiel treffen die Brüder nochmals aufeinander, am 30. April 1934 gewinnt der FC St. Gallen vor 1’000 Zuschauern im Espenmoos mit 3:2.
Dazwischen spielt Karl Hautle mit dem FC Kreuzlingen gegen zahlreiche internationale Vereine. Sein Name findet sich in den Matchprogrammen gegen Hungaria Budapest, FAC Wien, FC Everton und vielen weiteren. Auch beim legendären Aufstiegsspiel in Schaffhausen ist er dabei, als über 1’000 Kreuzlinger den FCK begleiten (Bild unten, stehend dritter von rechts). Genauso findet sich sein Name in der Elf vom Cupspiel auf dem Letzigrund in Zürich, als der FC Kreuzlingen gegen den Nationalliga-Verein den Kürzen zieht, immerhin von 400 Kreuzlingern begleitet.
Im Sommer 1934, auf dem sportlichen Höhepunkt nach der Schweizer 1.-Liga-Meisterschaft und dem Nationalliga-Aufstieg, verlässt Karl Hautle den FC Kreuzlingen. Weitere Stationen sind nicht bekannt. Sein Bruder Josef spielte noch bis 1940 beim FC St. Gallen und stieg mit diesen unter Norman Smith in die Nationalliga auf.
Anmerkung: Während den Saisons 32/33 und 33/34 trifft Karl Hautle wahrscheinlich viermal auf seinen Bruder, im letzten Spiel stehen sogar drei Hautles auf dem Platz, davon zwei beim FCSG.
1980, fast ein halbes Jahrhundert nach seinem Engagement, taucht Karl Hautle nochmals beim FC Kreuzlingen auf. Im Rahmen des 75-jährigen Vereinsjubiläums wird er und die Mannschaft von 1934 geehrt. Nur drei Jahre spielte der St. Galler in der Grenzstadt, doch es war mit der erfolgreichsten Mannschaft die man in Kreuzlingen jemals sah.