Wieder gings über den Ricken. In nächster Nachbarschaft spielen dort gleich fünf ambitionierte Amateur- bzw. Halbprofivereine, der FC Tuggen, der FC Freienbach, der FC Linth 04, der FC Weesen (alle 1. Liga) und der FC Rapperswil-Jona (PL). Damit hat die Region zwischen Zürich- und Walensee eine höhere Dichte an spitzenklassigen Amateurvereinen als die Stadt Zürich!
Weesen ist mit 1’750 Einwohner der kleinste dieser Orte. Beneidenswert schön am westlichen Ende des Walensees gelegen, erinnert es an ein Tessiner Dorf. Zudem gedeihen hier aufgrund eines ungewöhnlich milden Klimas Palmen, Zitronenbäume, Feigen und Kiwis. Ich hab ein Faible für diese unbekannteren, manchmal auch etwas in die Jahre gekommenen Touristenorte. Sie stehen in der zweiten und dritten Reihe, haben aber interessante Ecken und Winkel voller Geschichte. Genau wie manch zweit- und drittklassiger Amateurverein.
Beim Mitaufsteiger FC Weesen, dem neuesten Fussballstern am unteren Zürich- bzw. Walensee, herrscht Dorfplatzidylle. Die Baustellen erinnern an den FC Kreuzlingen, auch in Weesen ist man bemüht, alles auf 1.-Liga-Niveau zu hieven (Umbau Sportplatz Moos). Zur Begrüssung läuft AC/DC, es wird Kafi Lutz ausgeschenkt. Hinter dem Clubhaus werden die Kühe in den Stall getrieben, beim benachbarten Tennisplatz steht ein Grill in Flammen. Das Spiel geht los, die Kassierer laufen durch die spärlichen Zuschauerreihen, “ihr müend no 30 Franke meh zahle, döt obe ufem Berg stönd no drü Chrüzlinger”. Wahrscheinlich hören alle Gäste diesen Spruch. Wenn man Glück hat, ergattert man zum Schützengarten eine der spärlich auf den Grill gelegten Bratwürste der Metzgerei Rickli.
Wie immer beim diesjährigen FCK ist das Spiel nichts für schwache Nerven, es wogt hin und her. 41. 1:0 Weesen, 43. 1:1 Sven Bode, 49. 2:1 (durch NASL Soccer Bowl Champion Giuseppe Gentile). Es fühlte sich an wie in den letzten Partien, der FCK spielt auf Augenhöhe, ja hier sogar technisch besser, kommt zu mindestens so vielen Chancen, doch der Gegner führt. Die Abwehr ist auch in diesem Spiel die Achillesferse. Was der FCK dann jedoch für ein offensives Feuerwerk zündet, ist grosse Klasse. Es zeigt sich nicht nur in diesem Spiel, der FCK verfügt über technisch sehr versierte Spieler, die in der 1. Liga aufblühen. Es ist eine grosse Freude dieser Mannschaft zuzusehen. Endlich zahlte es sich im Resultat aus. Die Ballfertigkeit von Denis, Abbas, Mido und jetzt kommt noch Adrian Rama-Bitterfeld dazu, übrigens, was für ein starker Neuzugang! 59. Rama-Bitterfeld 2:2, 79. Abbas Karaki 2:3, 84. Stojan Miljic 2:4 (was für eine Durchsetzungsfähigkeit!), 88. Mido Arifagic 2:5, 92. Reda Laidouci 2:6. Jetzt sind wir in der 1. Liga angekommen, die Baustelle Defensive wird der FCK auch noch in den Griff bekommen. Endlich die Bestätigung, was für ein Jubel und eine Erleichterung bei den mitgereisten Kreuzlingern.
Tolle Fotos inklusive Spielbericht gibt es wie immer auch bei regese.ch.
Es folgen zwei Heimspiele gegen Höngg und Uzwil. Zwei weitere Gegner in Reichweite. 1.-Liga-Siege fühlen sich gut an, unsere Reise geht weiter!
Wie Phönix aus der Asche? Nicht ganz! Man wusste aus der Zeit der Saison 21/22, als der FCK den Aufstieg – wenn auch nur knapp – geschafft hatte, dass der Mannschaft, “läuft” es mal, einiges zuzutrauen sei. Besonders gegen einen wohl nicht ganz über 90 Minuten präsenten Gegner. Bereits zu den verlorenen drei Meisterschaftsspielen zeigten die Berichte über den Auftritt des FCK jedoch regelmässig an, dass zur (oft zitierten) Schwäche im Hinterfeld, auch immer erfreuliche Spielzüge nach vorne zu bemerken waren, die an die guten Spiele der 2. Inter anknüpften.
Eine Frage die sich nun stellen kann ist, wie weit trägt diese Sicht, um in der gesamte Saison einigermassen mithalten zu können. Mehr ist nicht verlangt. Es wäre ein erstes Minimalziel. Den Inhalt dazu müssen die Verantwortlichen liefern – und nötigenfalls ausbessern.
Zur “Achillesferse” (Hafetschutter) könnte noch beigesteuert werden, dass die “Abwehr” eines Angriffs spätestens ab der Mittellinie beginnt. Zwischen ihr und der Torlinie sind entscheidende Positionen zu besetzen, um eine überraschende Angriffsentwicklung bereits im Vorfeld zu stören. Das ist natürlich sehr, sehr viel Theorie und auch ein bisschen Geschwätz! Aber zur Entlastung der Spieler der hintersten Region sei es auch mal festgestellt. Dass dann – wirklich ganz hinten – mal ein offensichtlicher Blackout mit den entsprechenden Folgen auftreten kann, ist bekannt. Vergleichbare Fehler im Angriffsfeld haben deutlich weniger Auswirkungen. Ist auch bekannt. Und so wird wiedermal erkennbar, dass nur das grosse Ganze einer Mannschaft jenen Impuls abzulösen vermag der es schliesslich ermöglichen sollte, trotz – hört man – “eingeschränkter materieller Voraussetzungen”, in der 1. Liga bestehen zu können. Wie beschrieben: Als Minimalziel……vorerst!
Fussball ist nicht selten ein hartes Geschäft! Beiläufiges Beispiel: GC II führte zu Saisonbeginn am Walensee bereits 3 zu 0 und fuhr letztlich mit einer 5 zu 3 Niederlage zurück an den Zürichsee. Was soll man dazu sagen? – nichts. Hingegen ist negativ zu erwähnen, dass die vom FCW erwünschte Erweiterung seiner Sportanlage vom Stimmvolk “gnadenlos versenkt” wurde. Nun müssen wenigsten die wichtigsten Auflagen zu einem Regelbetrieb der 1. Liga erfüllt werden. Die Cluboberen haben es beim besten Willen auch nicht immer leicht.