Der FCK ist 1.-Liga-Herbstmeister!

Zum letzten Spiel der Vorrunde ging es auf den GC Campus. Die 2005 für 20,5 Millionen erbaute Fussball-Akademie löste unter Fussballfans von Anfang an unterschiedlichste Emotionen aus. Für die einen das Herz des Rekordmeisters, mit dem Auto stressfrei erreichbar und für 1.-Liga-Spiele mit einer praktischen Tribüne ausgestattet, für die anderen ein mit dem ÖV kaum erreichbarer Fussballbau ausserhalb Zürichs mit der Ausstrahlung einer kalten Flughafen-Empfangshalle. GC polarisiert, der Campus polarisiert.

Da der Hauptplatz in einem schlechten Zustand war, ging es zum ersten Mal auf den ebenfalls für die 1. Liga zugelassenen Kunstrasenplatz. Dort war nur eine Längsseite für die Zuschauer geöffnet. Kein Speaker, keine Anzeigentafel, kein Matchprogramm, Distanz zum WC hin und zurück ein halber Kilometer. Die schönen Eintrittskarten und die ausgelegte Kaderliste holte das dann nicht mehr raus, der Fussball-Connaisseur wird hier schnell zum Fussball-Grantler. Auch die Organisation auf dem Campus war kurz vor Spielbeginn noch nicht sortiert. Kein Wechselgeld am Eingang, kein Bier in der Campus-Beiz (“es goht jo no e Viertelstund bis zum Spiel!”), dafür ein ausgeklügeltes System, wie man zum Bier kommt. Man bezahlt an der Kasse in der Campus-Beiz, dann wartet man bis sich genug Bierkäufer finden und geht dann mit der Kassiererin zu einem Container, wo einem die Kaltschalen in Plastikbecher zur Mitnahme serviert werden. Dann geht die Kassiererin zurück zur Kasse in der Campus-Beiz und wartet auf den nächsten Pulk Bierkäufer, um dann wieder mit diesen zum Container zu laufen und weitere Plastikbecher abzufüllen. Nach einer Viertelstunde der Verwirrung hatten wir das System begriffen. In diesem Gerstensaft-Container entdeckte ich dann auch einen verstaubten Grill, ob dieser heute noch laufen würde? “Jo, da chunt denn schon no!”. Zur GC-Ehrenrettung muss man sagen, die Würste wurden dann tatsächlich grilliert und waren wie immer auf dem Campus bestens und auch der Bierverkauf lief dann irgendwann in üblichen Bahnen.

Aber wir waren nicht wegen eines Architekturwettbewerbs und nicht wegen einer Bier- und Wurstdegustation auf dem Campus. Wir waren wegen des 1.-Liga-Spitzenspiels GC Zürich U21 – FC Kreuzlingen nach Niederhasli gefahren. Erster gegen Zweiter, Direktduell um den Herbstmeistertitel in der 1. Liga. Wer hätte das vor der Saison gedacht? GC-Legende Erich Vogel natürlich, er hatte schon bei unserem letzten Gastspiel auf dem Campus eine klare Meinung zur FCK-Mannschaft: “do isch qualität drin!”.

Die Personalsituation: Torwart Fabian Fellmann kam nach langer Verletzungspause zu seinem Comeback, die passende Gelegenheit bot sich durch Lorenzo Lo Russos Aufgebot für die Liechtensteiner Nationalmannschaft (heute EM-Quali 20.45 gegen Luxemburg). Auf der  Kreuzlinger Bank nahm der 40-jährige Javier Belda platz, er hütete zuletzt vor 10 Jahren das FCK-Tor (1. Liga-Spiel gegen Zug 94).  Nebst weiteren Absenzen fehlte Mido Arifagic immer noch krankheitsbedingt. Bei GC stand das Konstanzer Talent Tristan Torrecillas als Captain auf dem Platz, er durchlief sämtliche GC-Nachwuchsteams. Im Tor bei der GC-Auswahlmannschaft stand Nicolas Glaus (ex-VfB Stuttgart II, Schweiz U20), in der Verteidigung Sead Ahmeti (Kosovo U19), als Rechter Flügel spielte Boyan Jia (China U20), als Linksaussen Damian Nigg (Schweiz U18). Kurz: eine talentierte aber sehr junge Mannschaft.

Los gings. Die 1. Halbzeit bot viel abtasten und neutralisieren, so gut wie keine Torszenen. GC präsentierte sich harmlos. Die körperliche Überlegenheit spielte Kreuzlingen aber zu wenig aus und auch die gefürchteten schnellen Kreuzlinger Ball-Stafetten wurden nur selten geboten. In der 2. Halbzeit spielte der FCK druckvoller ohne die defensive zu Vernachlässigen. In der 68. Minute nutzte Reda Laidouci eine Chance im 16er zum vielumjubelten und von den Fans besungenen 1:0 für den FCK! GC-Trainer Sero Noka (ex-Sion-Spielanalyst, Erfahrung in der 1. albanischen Liga), wechselte nun vier Spieler aus (ua. kam Robin Kalem, 79 ChL-Einsätze für Schaffhausen und GC). Geändert hat es nichts, GC kam praktisch über 90 Minuten zu keinen nennenswerten Torchancen. Das Kreuzlinger Trainergespann wechselte interessanterweise erst in der Nachspielzeit einen einzigen Spieler ein. So schaukelte der FCK die Führung souverän über die Spielzeit und durfte sich nach dem Spiel als 1.-Liga-Herbstmeister feiern lassen. Einen weiteren Foto- und Spielbericht findet Ihr auf regese.ch.

Begleitet wurde der FCK von rund 20 FCK-Fans, darunter einige GC-Sympathisanten. Spitzenreiter-Chöre nach dem Spiel, Evergreens wie “Grenzstadtchaoten” und der neue Gassenhauer “Einmal Möwe – Immer Möwe” liessen die Kälte vergessen – was für ein schöner Schlusspunkt der Vorrunde!

Vor der Winterpause wird bereits das erste Rückrundenspiel ausgetragen. Los gehts am kommenden Samstag 16.00 Uhr in Freienbach. Für gewöhnlich heiss umkämpfte Spiele. Immer weiter FCK!

 

1 Comment

  1. Diese Herbstmeisterschaft im 2. Jahr nach dem Aufstieg ist für den FC Kreuzlingen eine feine Sache! Nach einer Schwächeperiode, wie sie im Sort entstehen können, hat sich die Hafenareal-Elf ausgerechnet in Zürich – besser: im ländlichen Niederhasli – der Situation gestellt und gegen die Reservemannschaft des Grasshopper-Clubs den inoffiziellen Titel gesichert. Man darf gratulieren, besteht die FCK-Mannschaft doch in grossen Teilen noch immer aus dem Aufstiegskaders!

    “Die schönen Eintrittskarten” (Hafetschutter) sind für die tapfer reisenden FCK-Fans (Bravo!) sicher eine hübsche Erinnerung an dieses Fussball-Zwischenereignis und lassen die organisatorischen Schwächen auf der Anlage etwas vergessen. Es ist halt schon so – und erstaunt: Die zweiten Mannschaften der gehoberen Clubs geniessen nicht den vollen Respekt, den sie verdienen. Ich kann das deswegen nicht verstehen, weil sich in diesen transfergelisteten Spielern (bei GC über 2 Mil. gesamt) immer einige bewegen, die später zur 1. Mannschaft stossen könnten. Somit müsste das Interesse von Fans dieser Clubs einiges grösser sein. Vielleicht gibt es Ausnahmen. Ich weiss es nicht.

    Was Grasshoppers Zürich – oder “die Hoppers” – betrifft, handelt es sich um den ältesten Club der Stadt Zürich, wie ich lesen (1886). Der Schweizer Rekordmeister erlebt bis anhin eine wechselvolle Geschichte, wie viele Clubs. Mit dem Rivalen, FC Zürich, als zweiten Grossclub der Stadt, besteht ein interessanter Gegenpart, der die Fans beider Seiten regelmässig ganz schöne in Wallung bringen kann. So ist es überall in Städten, wo zwei Clubs als Rivalen aufeinandertreffen. Derbys eben. Emotional.

    GC ist “Hardturm”! Die inzwischen abgebrochene Anlage hatte einen mystischen Charme, ein Eigenleben, das man heute bei modernen “Kübeln” kaum mehr finden kann. Und dass im Hardturm noch sehr erfolgreich Fussball gespielt wurde, macht ihn zusätzlich zu einer unvergessenen Platz-Ikone. Es gab Zeiten, da spielte bei GC die halbe Nationalmannschaft: Minelli, Weiler, Springer, Vernati, Alfred “Fredy” Bickel (!), Max Abegglen – genannt “Xam” (lustig: nach dessen Vornamen – als “Palindrom” – “Xamax” Neuchâtel benannt ist!). Übrigens: Laut Hafetschutter schnappte GC dem FCK die erste Flutlichtanlage der Schweiz weg. Der FCK baute damals an der Konstanzerstrasse die zweite. Ein Wunder.

    Nun liegt es am FCK, seine erstaunlich erfolgreiche Performanz in der zweiten Hälfte der Meisterschaft zu bestätigen. Gegen den Leader anzutreten ist für einen Gegner immer eine besondere Aufgabe. Aber Achtung: Die Stärke der FCK-Mannschaft besteht in der Geschlossenheit bei optimaler Führung. So können die “Möwen” (aus dem Fan-Gesangbuch!) auch mal zum Überflieger werden. Nur abstürzen gilt nicht.

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