Stromausfall, undisziplinierte Elemente und ein Hattrick

Der Hafetschutter musste aufgrund einer Erkältung das Bett hüten. Für ihn fiel das ersehnte Nachhol-Flutlichtspiel gegen Balzers vom vergangenen Mittwochabend, 3. Oktober 2018, welches wir eigentlich wiederum gemeinsam erleben wollten, deshalb ins Wasser und ich habe nochmals die Ehre und das Vergnügen, einen Spielbericht-Gastbeitrag zu verfassen. Keine Angst; ich war diesmal wirklich physisch anwesend und es wird kurz und knackig.

Der FC Kreuzlingen ging dieses meinerseits im letzten Blogeintrag prophezeite „6-Punkte-Spiel“-Phrasenschwein vor einer leider viel zu kleinen Zuschauerkulisse an diesem gar nicht so kühlen Mittwochabend mit viel Schwung an. Der Mannschaft war deutlich anzumerken, dass ihr der Sieg in Dübendorf vom vergangenen Sonntag nochmals einen Schub verliehen hat; sie war hochmotiviert bis in die Haarspitzen.

Bereits in der 14. Minute nickte Giovanni Pentrelli per Kopf zum 1:0 ein. Obwohl noch halbwegs ausgeknockt vom Zusammenprall mit einem Gegenspieler und kurzzeitig taumelnd und behandelt am Spielfeldrand, spielte er sich anschliessend in einen Rausch und schoss in der 20. Minute das 2:0 sowie in der 34. Minute das 3:0 in Form eines unwiderstehlichen Weitschusses. „Sonntagsschuss“, wie ihn Trainer Kürsat Ortancioglu anlässlich des Trainertalks nannte, hin oder her, schön anzusehen war’s auf jeden Fall; es ging sogar ein Raunen durchs Publikum. Also ein lupenreiner Hattrick unserer Nummer 9. Wann hat man sowas letztmals gesehen? Tore schiessen kann man aber nur, wenn auch der Rest funktioniert bzw. die Pässe ankommen und die Mannschaftsleistung insgesamt stimmig ist. Vorbildlich waren aber heute nicht nur die jederzeit zu spürende und bereits erwähnte Motivation und Einstellung, sondern auch der konstante Vorwärtsdrang und das bissige nicht nachlassen auf hohem Niveau. Die Mannschaft war präsent, hungrig, auf der Höhe und absolut „on fire“. Der Balzers-Trainer Patrick Winkler meinte beim anschliessenden Trainertalk, dies sei seitens der Kreuzlinger ohne Zweifel 1. Liga-Niveau gewesen. Chapeau! Auch die zuletzt nicht immer grundsolide Abwehr zeigte wenig Mängel und noch weniger Löcher; und auch der Torwart sicherte das Ganze gegen hinten lückenlos ab. Ausser einem Schuss der Liechtensteiner in den ersten Spielminuten, liess Kreuzlingen fast nichts zu. Das war gut und wichtig, schön anzuschauen und eine prima Leistung. In der 39. Minute erhöhte Sven Bode auf das für Balzers beinahe schon demütigende 4:0. Sie konnten einem fast ein wenig leidtun, denn die Gäste versuchten alles, aber es gelang ihnen wenig bis nichts. Sven Bode als Empfänger einiger schöner Pässe aus dem Mittelfeld lief dann leider noch ein paar Mal zu viel ins Abseits. Nicht auszudenken, welches Schützenfest uns erwartet hätte, wären aus all diesen Angriffen Torchancen geworden.

Die 2. Halbzeit stand dann im Zeichen eines auf Augenhöhe ausgetragenen Duells. Die Mannschaften schenkten sich nichts und justierten den Kampfmodus irgendwo zwischen „hart aber herzlich“ und „gerade noch zu duldende Ruppigkeit“. Trotz des nachher noch zu schildernden kleinen Zwischenfalls, herrschte auf dem Platz keine aggressive Stimmung. Es war offensichtlich, Kreuzlingen war wegen der hohen Führung aufgedreht und übermütig; Balzers hingegen offensichtlich frustriert. In der 40. Minute kam es dann zu einer Rudelbildung. Ich konnte den Auslöser für diesen Kollektiv-Disput nicht exakt in Erfahrung bringen, aber es hatte wohl ein Liechtensteiner einem Kreuzlinger (absichtlich?) ins Gesicht gefasst. Kaum legte sich die Aufregung, fiel in der 67. Minute das Flutlicht aus. Auf dem Platz war es plötzlich stockdunkel, die Spieler gingen in die Kabinen und das FCK-Beizli machte einen guten Umsatz (anscheinend griff der Stromausfall nicht auf den Grill über). Diese Panne konnte glücklicherweise mit dem Auswechseln einer Sicherung rasch behoben werden, sodass es ca. 10 Minuten später bereits wieder weitergehen konnte. Es blieb auch auf dem Platz weiterhin unterhaltsam und nur mit viel Glück konnten die Liechtensteiner eine noch höhere Niederlage verhindern.

So blieb es beim 4:0-Heimsieg des in sämtlichen Belangen überlegenen FC Kreuzlingen. Oder wie es Patrick Winkler beim Trainertalk ausdrückte, einer „Lehrstunde auf dem Hafenareal“. Ist das Institut des Trainertalks an sich schon eine tolle Sache, finde ich es jeweils bemerkenswert, wie (die allermeisten) Trainer auch in der Niederlage Grösse zeigen und sich mutig den klugen, aber auch bohrenden und teilweise unangenehmen, Fragen des Moderators stellen. Dafür gebührt ihnen Respekt. Auch wenn es aus der Sicht von Kürsat Ortancioglu zu viele unnötige gelbe Karten gab und „undisziplinierte Elemente“ nach hoher Führung teilweise zu hitzig agierten (vgl. Rudelbildung oben), ist es doch schön zu sehen, dass die positive Einstellung, das konstante Pressing sowie die spürbaren Verbesserungen in sämtlichen Belangen belohnt wurden. Auch hatte ich den Eindruck, dass diesmal weniger Schiedsrichterentscheide angezweifelt, und allgemein weniger reklamiert wurde. Das ist eine gute Entwicklung. Der FC Kreuzlingen befindet sich nun also punktgleich mit Rüti an der Tabellenspitze. Mit dem Nachhall eines in sämtlichen Belangen unterhaltsamen und abwechslungsreichen Spiels konnte ich (ja, ich geb’s zu) euphorisch und stolz den Heimweg antreten.

Anmerkung Hafetschutter: Nach einem 12-Stunden-Schlaf erfuhr ich vom 4:0-Sieg, war das alles nur ein fiebriger Traum? …und man stelle sich nur vor das mit der Sicherung hätte nicht geklappt. Im Amateurfussball laufen die Geschichten! Ich bin jedenfalls trotz gestriger Abwesenheit heute schwer euphorisiert, Tabellenführer! Vielen Dank an Matthias für den Bericht und an Erich für die Fotos.

1 Comment

  1. Wie es aussieht, betraf der Stromausfall wenigsten nicht die Anzeigetafel mit dem 4 zu NULL! Somit wurde “vor einer leider viel zu kleinen Zuschauerkulisse” (Matthias Pfau) die euphorische Abendstimmung am Hafen zumindest visuell nicht ganz unterbrochen. Das mit der “Kulisse” war für mich eine schwere (im Prinzip nicht unerwartete!) Niederlage, ging doch meine Prognose weit über das nun real beschriebene Zustandsbild hinaus. Ich frage mich schon: Wann wacht Kreuzlingen, die Stadt, endlich auf? Was muss geboten werden, um den auf ordentlicher Amateur-Ligastufe derzeit flott und erfolgreich kämpfenden Stadtclub FCK mehr zu unterstützen? O.K. – abends in der gemütlich warmen Stube kann es noch ein Stück erholsamer sein. Selbst bei einem 4 zu 0. Und wenn dann noch im Fernsehen….! Nur ist es eben auch so, dass sich hier (Amateur-) Sportler abends nicht nur aufgerafft haben, sich selbst wiedermal in Szene zu setzen, um ab und zu einen persönlichen nächtlichen Applaus einzufahren, sondern die Spieler spielen (und trainieren) auch für eine “Stadt”! (Betrifft ebenso Jugendspieler). Kommt dieser Gedanke nicht in die Evaluation bei der Entscheidung: “aufraffen – nicht aufraffen”, sieht es nachhaltig so düster aus, wie bei einem Stromausfall. Mit einer neuen Sicherung wird es an den Masten dann allerdings rasch wieder hell. Im andern Fall bräuchte es noch ein Quentchen mehr Herzpower!

    Nun, freuen wir uns an der Tabellenführung. Somit wird der FCK wiedermal zum Gejagten. Wer möchte ab jetzt nicht die Grenzstädter bodigen! Doch Kreuzlingen war schon immer ein Team, das gerne geschlagen wurde. Dies mag vielleicht noch mit der historisch erfolgreichen Geschichte aus den 30-er Jahren des stolzen FCK’s im Zusammenhang stehen, die gelegentlich gerne wiedermal zitiert wird und entsprechend im kollektiven Gedächtnis bleibt. Und derzeit ist es einfach auch so, dass der FCK deutlich die kantonale Federführung in Sachen Fussball übernommen hat, und – aufgepasst! – selbst sogar zur Zielscheibe einer derzeit ziemlich sicher unterbewerteten kantonalen Konkurrenz werden kann.

    Und es sei wiedermal unschulmeisterlich daran erinnert, dass es in dieser Liga am Saisonende auch um Strafpunkte durch Gelb und Rot geht. “Rudelbildungen” sollten entsprechend eher eine Angelegenheit von Wölfen bleiben, weniger von Spielern. Mimosenhaft muss diese Sportart entsprechend jedoch nicht ausgeführt werden. Wenn “Kampf” gleichzeitig mit “Respekt” dem Gegner gegenüber verbunden wird, ist es kein Problem. Und problematische Ausreisser, die je nach Spielsituation immer mal auftreten können und zu bewerten sind, ist dann ganz Sache von Schiedsrichtern. Liegen diese halt mal falsch, ist ebenso “Respekt” die Linie, die es einzuhalten gilt. Lauter schöne Worte. In der Hitze des Gefechts oft nicht unbedingt nutzbringend – wohl wahr. Und dennoch!

    Die Saison geht nun für den FCK überaus spannend weiter. Spieler- und trainermässig gefühlt nicht ohne Grund erfolgsversprechend. Ab jetzt ist besonders Konstanz gefragt. Also nicht die Nachbarstadt. Oder auch? Wann kommt eine grössere Schar Fussballenthusiasten “rüber”? Sozusagen “Greizlinge förscht”! Das war doch schon mal so. In den 30-ern. Eben! Das Feld ist nun neu präpariert…..

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