Dramatische Wenden – 3:2!

“Die Leute gehen zum Fussball, weil Sie nicht wissen wie es ausgeht”. Sepp Herbergers berühmtes Zitat könnte man erweitern mit “und Sie bleiben beim Spiel, weil Sie es bis zum Schluss nicht wissen”. Was für ein verrücktes Spiel gegen den USV Eschen-Mauren. Nach 25 Minuten führte der FCK mit 3:0 (7. Adrian Skender Rama-Bitterfeld, 11. Abbas Karaki, 25. Wisam Al-Naemi) und niemand, wirklich niemand hätte zu dieser Zeit auch nur das geringste auf die Liechtensteiner gesetzt.

In der 29. Minute kam es dann zu einer Schlüsselsituation für den weiteren Spielverlauf. Eine Schwalbe im Kreuzlinger Strafraum (zumindest höchst gesucht), ein Pfiff, Elfmeter, 3:1 – und die Gelb-Rote Karte für Yves Seeger. Ein mindestens sehr umstrittener Entscheid, erst recht die Gelbe Karte mit Konsequenz des Spielerausschlusses. In der 39. Spielminute kam der USV auf 3:2 heran. Jetzt war das Spiel völlig neu lanciert. Statt eines locker herausgespielten Kantersieges, bekam die Begegnung im nebligen Hafenareal eine unerwartete Spannung.

In der 2. Halbzeit eine weitere Schlüsselszene. Weitab vom Spielgeschehen fiel plötzlich ein USV-Spieler, Rücksprache mit dem Linienrichter, welcher einen leichten Rempler andeutete. Dies wiederum verleitete den Schiedsrichter, welcher an diesem Spiel unter Beobachtung durch einen Schiedsrichter-Inspizienten stand, zu einer weiteren Roten Karte, diesmal gegen Mido Arifagic. Diese erneut umstrittene Entscheidung sollte also die erste Karte mit Spielausschluss gegen Mido Arifagic in seiner gesamten 10-jährigen Karriere als Aktiv-Spieler gewesen sein. Spätestens durch diesen zweiten Entscheid bekam das Spiel eine ganz andere Wendung – ohne das der USV oder der FCK im spielerischen Sinne etwas damit zu tun gehabt hätten. Die kommenden 40 Minuten sollte der FCK in doppelter Unterzahl bestreiten.

Was der FCK danach bot, war schlichtweg eine Meisterleistung. Er liess sich nicht weiter provozieren, spielte defensiv äusserst geschickt, zeigte ein grosses Kämpferherz durch sehr lange Laufwege einzelner Spieler und setzte immer wieder zu Entlastungsangriffen an, ohne die Defensive zu vernachlässigen. Die 290 Zuschauer bekamen einen packenden Fight zu sehen, der unter normalen Umständen gar nie nötig gewesen wäre. Umso bitterer wäre ein Punktverlust gewesen, umso grösser war die Freude nach dem Schlusspfiff des Schiedsrichters.

Es war der erste Sieg (bei vier Niederlagen) gegen den 1963 gegründeten Unterländer Sport-Verein Eschen-Mauren. Der Verein ist fünffacher Liechtensteiner Cupsieger,  Europacup-Teilnehmer 2012 (Qualirunden-Aus gegen den isländischen Vertreter FH Hafnarfjördur) und spielt seit 2008 in der 1. Liga. Die offiziellen Clubfarben sind blau und weiss und entsprechend heisst auch der Club-Song der Pussy Lovers.

Die Heimspiele der Vorrunde sind damit abgeschlossen. Der FCK stellt mit bescheidenen Mitteln eine tolle 1.-Liga-Mannschaft, bereits jetzt ein grosses Kompliment an Spieler und Trainer, auch wenn noch zwei wichtige Partien vor der Winterpause anstehen. Durchschnittlich 290 Zuschauer wollten die 1.-Liga-Heimspiele des FCK sehen, damit liegen die Kreuzlinger auf Platz 5 der 1.-Liga-Zuschauertabelle (Liga-Schnitt 240). Der Rückgang gegenüber der Vorsaison (Schnitt 355) liegt hauptsächlich an den fehlenden Zuschauern der Gastteams und dem nicht mehr stattfindenden Stadtderby. Trotzdem ist es, auch aufgrund der erschwerten Spielort-Bedingungen auf Platz 2, ein zufriedenstellender, wenn auch ausbaufähiger Zuspruch, die Mannschaft hätte definitiv ein noch grösseres Publikum verdient. Gegen den USV ging es im Hafenareal hitzig zu und her, von allen Seiten wurde der FCK lautstark bis zum letzten Spielzug unterstützt, am Ende war man heiser, so soll es sein!

Wenn Verein und Mannschaft dieses Niveau noch ein paar Jahre halten könnten, wäre gar 1.-Liga-historisches möglich. Derzeit belegt der FC Kreuzlingen Platz 46 der Ewigen Rangliste der 1. Liga. Mit fünf weiteren Jahren in der 1. Liga würde der FC Kreuzlingen den FC Frauenfeld (Platz 30) überholen und wäre damit das erfolgreichste Thurgauer 1.-Liga-Team aller Zeiten. Auch in der Ostschweiz würde der FC Kreuzlingen dann hinter dem SC Brühl (Platz 10) und dem FC Gossau (Platz 27) einen Podestplatz einnehmen. Ist das der Beginn einer neuen 1.-Liga-Ära?

Ein weiterer lesenswerter Bericht und absolut geniale Fotos findet Ihr auf regese.ch, ein Genuss!

Auch neben dem Platz erfuhr der FCK Verstärkung. Es gibt jetzt bosnische Cevapcici (die hatte ich ja beim FC Kosova vermisst) und auch die Hamburger sind etwas vom besten auf den Amateurplätzen, da standen am Samstag Leute mit Herzblut am Grill! Dann gibt es noch ein neues Marketing-Team mit Bujar und Besnik Emini von Bemix Immobilien, echte Kreuzlinger, welche sich dem FCK seit Kindheit verbunden fühlen, eine tolle Grundlage! Zelebrieren wir weiter unseren FC Kreuzlingen und die 1. Liga, immer weiter mit dem FCK!

4 Comments

  1. Ein grosses Kompliment an die FCK Spieler für diese Leistung! Normalerweise geht so ein Spiel mit 2 Mann weniger verloren so etwas habe ich noch nie erlebt.
    Für den Schiedsricher, der unter Beobachtung stand hoffe ich, dass er nie wieder 1. Liga pfeift.

  2. Rote Karten können “grenzwertig” sein. Und nach Hafetschutter waren sie es gestern auch. Doch wenige Meter von einer echten Grenze entfernt pfiff es nun mal “Rot”. Dass sich dann der FCK nach einer kuriosen ersten Spielhälfte mit einer reduzierten Anzahl Feldspielern wie Thurgauer Löwen zum Sieg durchkämpfte, ist Klasse. Aus solchen Momenten kann eine Mannschaft erfahren, wie in einer unglücklichen Situation bei gegenseitigem Unterstützen dennoch das Erhoffte erreicht werden kann. Für die zweite Meisterschaftshälfte eine gute Erfahrung. Und noch sind für die erste Hälfte nicht alle Punkte vergeben. Das heisst: Auf nach “Winti” mit gleichem Kampfgeist und vielen FCK-Fans!

    Gegen die Liechtensteiner aus Eschen-Mauren hat der FCK auch den Thurgau im obersten Amateursegment verteidigt, steht es doch eine Liga tiefer um den FC Frauenfeld, ganz besonders um denjenigen von Amriswil, gar nicht gut. Was ist nur mit den Oberthurgauern los, die doch in der letzten Saison zum Meisterschaftsschluss nahe dem Aufstieg standen. Ein Desaster. Erfreulich derzeit der regionale FC Arbon. Er steuert wohl die Interregionale 2. Liga an. Und der zweite Kreuzlinger Club, die AS Calcio, abgestiegen in die 2. Regionale, scheint sich stabilisiert zu haben. G ut.

    Beim FCK bildet sich nun, wie man lesen kann, eine Frauenmannschaft heraus. In Frauenfeld, Romanshorn und Weinfelden-Berg ist man schon ein Stück weiter und kickt ligamässig. Gehört einfach in die Zeit.

    Zurück nach Liechtenstein: Das kleine Land hat mit dem FC Vaduz, FC Balzers – derzeit Aufstiegskandidat in die 1. Classic! – und dem USV Eschen-Mauren drei tüchtige Fussballsport-Marken. Dabei: Die Hauptstädter mit einem properen Stadion, der USV in seinem Sportpark Eschen eine grosse Anlage (mit Dachtribüne), und – amateurtypischer – einfachere Stufenreihen in Balzers. Wie es überhaupt auffällt, dass östlich des Rheins, zwischen Bregenz (Bodensee Stadion/heute Immo Agentur Stadion) und Vaduz (Rheinpark Stadion), eine ganze Reihe hübscher Stadien angelegt sind: so auch in Lustenau (gleich zweimal) Dornbirn, Götzis (Leichtathletik!) Altach, Feldkirch, u.a.

    Gegenüber dem westlichen CH-Rheinufer sind die Ortschaften allerdings oft grösser. Doch scheint das sportliche Engagement in dieser wirtschaftlich prosperierenden Region grundsätzlich “sporteuphorischer” zu sein. Diese Attitude funktioniert zum Beispiel im Thurgau eher nur dann, wenn sich Clubs in eigener Regie höher profilieren. So gesehen könnte sich die Aufmerksamkeit auf den FCK durchaus ein Stück “gehobener” entwicklen. Damit wären Investitionen verständlich zu machen, die für bestimmte Zuschauergruppen angenehmere Bedingungen schaffen würden. Das ganze Amateursegment rundum hat hier Aufholbedarf. Oder man begnügt sich offiziell mit überkommenen Vorstellungen im Umfeld nichtprofessioneller Sportveranstaltungen. Dann wäre es halt so – und es bliebe so. Kreuzlingen ist Stadt – die andere Seite!

  3. Eine Erich-Seeger-Aufnahme im Dämmerlicht zeigt exemplarisch den Kampf der FCK-Neun um drei Punkte. Ob das Objekt der Begierde (Ball) vom FCK-Torhüter in Blau bereits abgewehrt wurde, ist nicht überliefert. Abwehrunterstützung leisten grün-weisse Kollegen. Ein weiterer schickt sich an, den Torraum zu sichern. Das Erscheinen der gegnerischen Nr. 1 deutet auf die letzte Torgelegenheit im Spiel. Standard-Moov-Torhüterreflex bei prekärem Spielstand. Die Poesie dazu liefert der Hintergrund: Mit dem Rücken zum Spiel sitzt am Ufer eine dunkle Figur mit Hut. Die Lichter der Konstanzer Seestrasse reflektieren im Wasser. Man könnte an Caspar David Friedrich denken. Daneben! – Fussballzeit im Hafenareal.

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